Wissenswertes

Genommedizin - wichtig zu wissen

14. Dezember 2023

Die Genommedizin ermöglicht, genetisch bedingte Krankheiten zu erkennen. Dazu zählen seltene Erkrankungen und Krebserkrankungen . Sie können durch genetische Untersuchungen oftmals festgestellt werden, bevor dies aufgrund anderer Methoden gelingt oder bevor Krankheitszeichen auftreten. Damit können die Betroffenen frühzeitig behandelt werden oder im besten Fall das Auftreten der Erkrankungen verhindert werden.

Genommedizin bedeutet die Entschlüsselung der genetischen Information einer Person, um damit auf die Person zugeschnittene Entscheidungen über ihre medizinische Versorgung zu treffen. Genommedizin ermöglicht es also, genetisch bedingte Krankheiten zu erkennen. Damit kann bei einer Krankheit eine genaue Diagnose gestellt oder eine Entscheidung über die beste Therapie oder Vorsorge getroffen werden.

Rund 80 Prozent der seltenen Erkrankungen haben eine genetische Ursache. Die Seltenheit dieser Erkrankungen und ihre Komplexität erschweren die Diagnosestellung. Mit Hilfe der Genommedizin kann dies wesentlich beschleunigt werden.

Dies trifft auch auf die Diagnosestellung bei Krebserkrankungen und der damit verbundenen Einschätzung zum Krankheitsverlauf (Prognose) zu. Bei erblichen Krebserkrankungen gelingt es dank der Genommedizin, das Risiko für eine Erkrankung zu bemessen, die Krebsfrüherkennung anzupassen und vorbeugende Maßnahmen anzubieten. Auch bei der Therapiefindung spielt sie bei an Krebs erkrankten Menschen eine immer größere Rolle. Die individuelle Behandlung kann so festgelegt und Nebenwirkungen von zum Teil unwirksamen und auch möglicherweise schädlichen Therapien für die Patientinnen und Patienten vermieden werden.

Was ist Genetik?

Die Genetik ist die Wissenschaft der Vererbung. Sie beschäftigt sich mit vererbbaren Merkmalen (Erscheinungsbild, Fähigkeiten und Eigenschaften) von Individuen, wie diese Merkmale weitervererbt werden können und in welchen Variationen sie auftreten.

Träger der Erbinformation

Diese Merkmale befinden sich in den Genen. Gene sind die Träger unserer Erbinformation. Der Mensch hat ca. 24.000 Gene. Die Gesamtheit der vererbbaren Information einer Zelle wird als Genom bezeichnet. Im Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen sind die Anzahl und die Beschaffenheit der Gene wichtig, Veränderungen in den Genen können Krankheiten verursachen.

Unser Bauplan

Gene enthalten den Bauplan für jede unserer Körperzellen. Auf Basis dieser Baupläne werden Proteine (Eiweiße) hergestellt, die im Körper unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Sie können beispielsweise Körperstrukturen bilden oder als Botenstoffe dienen.

Gene geben also vor, wie sich der Körper eines Menschen, eines Tiers oder einer Pflanze entwickelt und funktioniert. Der menschliche Körper besteht aus Milliarden von Zellen, in den einzelnen Zellen sind aber immer nur die Gene aktiv, die für die jeweilige Funktion der Zelle erforderlich sind. Also übernimmt beispielsweise eine Magenzelle nur die entsprechenden Funktionen im Magen, auch wenn eigentlich der gesamte Bauplan in den Zellen vorliegt.

Grundlage unseres Bauplans - Kombination von A, T, G und C

Gene befinden sich im Zellkern jeder Zelle, in den sogenannten Chromosomen. Der menschliche Chromosomensatz besteht aus 46 Chromosomen (23 Paare), 44 autosome (nicht geschlechtsbestimmende) Chromosomen und 2 Geschlechtschromosomen.

Chromosomen werden aus langen DNA -Fäden und den sie umhüllenden Proteinen gebildet. Sie  sind im Zellkern ganz eng gepackt. Die DNA setzt sich aus Zucker, Phosphat und Base zusammen, die die sogenannten Nukleotide bilden.

Ihre Struktur gleicht einer in sich verdrehten Strickleiter, Zucker und Phosphat bilden dabei die beiden Stränge der Leiter. Die wichtigen Informationen für den menschlichen Bauplan befinden sich in den Sprossen, das sind die Basen. Es gibt vier verschiedene Basen, abgekürzt A, T, G und C. Die Kombination dieser Basen bildet die Grundlage des Bauplans.

Vererbung und Genveränderung

Gene werden von den Eltern vererbt. Jeder Mensch erhält eine Hälfte seiner genetischen Ausstattung von der Mutter, eine Hälfte vom Vater. Gene können sich im Laufe des Lebens zufällig verändern (Evolution ). Dabei können auch Risikofaktoren, die innerhalb und außerhalb der Zelle einwirken, zu Veränderungen der DNA führen. Werden Genveränderungen weitervererbt, kann es zum neuen Auftreten von genetisch bedingten Erkrankungen kommen. Veränderungen im Genom sind aber auch eine Voraussetzung für die Krebsentstehung.

Genetikwissen zum Hören

GHGA - Podcastreihe "Der Code des Lebens"

Der Wissenschaftspodcast 'Der Code des Lebens' von GHGA (The German Human Genome - Phenome Archive) beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der menschlichen Genomforschung.

FOLGE 24:
Die Autokorrektur der DNA -
Was passiert, wenn die Rechtschreibprüfung der DNA nicht funktioniert?


FOLGE 4:
Vom Buchstabensalat bis zum Genetikwissen - Wie funktioniert die Genomforschung überhaupt? Also wie kann man vom Buchstabensalat der 3 Milliarden DNA-Basen zu konkretem Genetikwissen gelangen?
 

FOLGE 5:
Vom Genetikwissen bis zur Behandlung - Wie kommt man vom theoretischen Wissen über die menschliche Genetik zu einer konkreten Behandlung von genetischen Krankheiten? In dieser Folge greifen wir zwei unterschiedliche Formen von genetischen Krankheiten auf: Seltene Erkrankungen und Krebs.
 

FOLGE 11:
Was ist eine Genomdatenbank? - Was ist eigentlich eine Genomdatenbank und wofür wird sie genutzt?

 

FOLGE 12:
Informierte Einwilligung in der Forschung
- In dieser Folge erklärt Dr. Andreas Bruns, welche Rechte Datenspendende heutzutage haben, wie eine gültige Einverständniserklärung aussieht und welche Bedeutung informierte Einwilligung eigentlich hat.
 

Wir danken GHGA für die Bereitstellung und Unterstützung. 

 

Nationale Dekade gegen Krebs - Podcastreihe "Tatort Krebs"

Im Rahmen der „Nationalen Dekade gegen Krebs“ werden zu unterschiedlichen Themen wie Grundlagenforschung, verlässliche Informationen oder Vorsorge Podcasts erstellt.

Die „Nationale Dekade gegen Krebs“ ist eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Sie hat zum Ziel, die Kräfte aller relevanten Akteure in Deutschland zu bündeln, um die Krebsforschung und -behandlung voranzubringen und das Entstehen neuer Krebserkrankungen zu vermeiden.

Zu den Beiträgen:

https://www.dekade-gegen-krebs.de/de/wir-ueber-uns/podcast-tatort-krebs/tatort-krebs_node.html

 

Wir danken der Nationalen Dekade gegen Krebs für die Bereitstellung und Unterstützung. 

 

 

Erklärvideo: Was ist eine Genomanalyse?

Das vorliegende Video erklärt, was eine Gnomanalyse ist. Das Video wurde im Rahmen eines vom BMG geförderten Forschungsprojekts erstellt.
 

UKHD Film 4: Genomanalyse (deutschsprachige Version)

https://vimeo.com/781302577/5d5ddb3a9b

 

UKHD Film 4: Genome Sequencing EN (englischsprachige Version)

https://vimeo.com/779280041/34c9b5bb56

 

Wir danken dem Institut für Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg  für die Bereitstellung und Unterstützung.

Was ist Genomik?

Während sich die Genetik auf die Vererbung und damit auf die Funktion und Wirkungsweise von einzelnen Genen konzentriert, beschäftigt sich die Genomik mit dem ganzen Erbgut.

Es geht darum herauszufinden, wie Gene miteinander und untereinander in Wechselwirkungen treten und wie sich dies auf unsere Gesundheit auswirkt. Dabei wird der Aufbau der DNA bis ins Kleinste (Moleküle), also die Abfolge (Sequenz) der einzelnen DNA-Bausteine (Nukleotide) untersucht.

Veränderungen in der DNA-Sequenz nennt man Varianten. Meist haben solche Varianten gar keine Auswirkungen. Es kann aber auch sein, dass eine Variante die Funktion oder die Produktion eines Proteins beeinträchtigt.

Das kann dann ernsthafte Folgen für die Gesundheit haben. Solche Varianten können auch vererbt werden. Und für manche Varianten gelingt eine klare Beschreibung der Auswirkungen noch nicht und es ist weitere Forschung notwendig.

Methoden der Genomsequenzierung

Die genetische Information wird im Fall der seltenen Erkrankungen und der erblichen Krebserkrankungen in der Regel aus einer Blutprobe entnommen. Bei einer Krebserkrankung kann eine Tumorgewebeprobe untersucht werden.

Next Generation Sequencing (NGS)

Bis zur Einführung der sogenannte Hochdurchsatzsequenziertechnologie (oder Next Generation Sequencing - NGS, war es nur möglich, jeweils ein DNA-Fragment („Gen-für-Gen“) zu analysieren. Mit NGS können große Abschnitte der DNA parallel untersucht werden. Diese Entwicklung bedeutet einen riesigen Entwicklungsfortschritt, der gleichzeitig zu schnelleren Ergebnissen, mehr Wissen und Senkung von Kosten geführt hat.

Beim NGS wird zunächst die Erbsubstanz, die DNA, aus der Zelle isoliert und die einzelnen Abschnitte der Erbsubstanz (Nukleotide) dann in einem automatisierten Prozess ausgelesen und mit anderen Kontroll-DNAs verglichen. Hier wird nach Varianten geschaut. Um in dem Abgleich etwaige Abweichungen einordnen zu können, bedarf es großer Datenbanken.
 

Je nach Fragestellung kommt NGS unterschiedlich zum Einsatz:

  • Bei einer konkreten Verdachtsdiagnose für eine Erkrankung, die mit bestimmten erblichen Genveränderungen einhergeht, also eine Keimbahnmutation zu erwarten ist, werden nur die entsprechenden Gene mit einem sogenannten Gen-Panel untersucht.
     
  • Bei der Auswahl des Panels wird berücksichtigt, welche Krankheitssymptome vorhanden sind und welche Erkrankungen in der Familie in welchem Alter aufgetreten sind. So gibt es unterschiedliche Panel, die bei Verdacht auf erbliche Krebserkrankungen oder eine seltene Erkrankung genutzt werden.

Whole Exome Sequencing (WES)

Ergibt die Paneltestung keine Auffälligkeit, obwohl alles für eine erbliche Veranlagung spricht oder ist unklar, welche Gene für die Krankheitssymptome verantwortlich sind, wird das Exom (Whole Exome Sequencing, WESoder das ganze Genom untersucht.

Die Analyse des sogenannten Exoms umfasst alle menschlichen Gene, also den Anteil der DNA, der für die Bauanleitung von Proteinen zuständig ist. Dies betrifft nur etwa 1 bis 2 % unseres gesamten Erbguts.

Whole Genome Sequencing (WGS)

Wird das komplette Genom analysiert, spricht man vom Whole Genome Sequencing, WGS. Das WGS erfasst zusätzlich zu allen Genen u.a. noch Informationen zur Steuerung der Gene. 
Bei vielen genetisch bedingten Erkrankungen wird bislang trotz Einsatz von NGS die ursächliche Genveränderung nicht gefunden. Hier ist mehr Erkenntnisgewinn durch Forschung notwendig.

Suche nach Informationen in Krebszellen (Somatische Testung)

Krebs entsteht durch Veränderungen in den Genen, so dass sich aus einer Körperzelle bösartige Krebszellen entwickeln können. Begünstigt wird die Krebsentstehung durch unterschiedliche Risikofaktoren.

Genommedizinische Analysen können bei einer Krebserkrankung auch am Tumorgewebe durchgeführt werden. Ziel ist es, genetische Auffälligkeiten zu finden, die unter anderem einen Ansatz für die Entwicklung von wirksamen Therapieansätzen ermöglichen. Genetische Veränderungen im Tumor können ein Hinweis auf eine erbliche Ursache der Erkrankung sein.

Genetische Beratung

Eine genetische Beratung beinhaltet:

  • die Klärung der persönlichen Fragestellung
  • das Beratungsziel
  • die Erhebung eines Stammbaums, einschließlich der persönlichen und familiären gesundheitlichen Vorgeschichte (Anamnese)
  • die Bewertung vorliegender ärztlicher Befunde bzw. Befundberichte
  • die Berechnung von Erkrankungsrisiken
  • und, falls für die Fragestellung relevant, eine körperliche Untersuchung.

Es erfolgt eine ausführliche Information über die in Frage kommenden genetisch bedingten Erkrankungen, die Abschätzung möglicher Risiken und die Bedeutung dieser Informationen für die Lebens- und Familienplanung. Inhalt der Beratung ist dabei insbesondere auch, wie mit zusätzlichen Informationen umgegangen werden soll. Denn bei der Untersuchung einer Vielzahl von Genen können über das eigentliche Krankheitsbild hinausgehende Hinweise anfallen. Informiert wird in der Beratung auch über Möglichkeiten einer vom Genbefund abhängigen Behandlung, zu Tragweite und Konsequenzen für weitere Familienangehörige.

Weitergehende Informationen finden Sie hier:

https://www.humangenetik-koeln.de/leistungsspektrum/humangenetische-beratung/

 

Wer kann genommedizinische Versorgung nutzen und wie läuft sie ab?

In das Modellvorhaben § 64e SGB V eingeschlossen werden Patientinnen und Patienten mit v.a. seltener Erkrankung oder eine erbliche Tumorerkrankung, bei denen ein Leitlinien-gerechtes Vorgehen bisher zu keiner Diagnosestellung geführt hat. Außerdem können Patientinnen und Patienten mit seltenen oder fortgeschrittenen Tumorerkrankungen teilnehmen, bei denen zu erwarten ist, dass sich aus den Ergebnissen der Genom-Diagnostik neue Therapieoptionen ableiten lassen. Vor dem Einschluss in das Modellvorhaben muss in interdisziplinären Fallkonferenzen unter Einbeziehung der Humangenetik geprüft werden, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Was geschieht mit meinen Daten und was muss ich beachten?

Genomdaten sind sensible persönliche Daten. Unter Umständen können auch Aussagen über nahe Angehörige getroffen werden. Datensicherheit sowie die Aufklärung und Zustimmung der Betroffenen sind daher unerlässlich und somit ein prägender Teil der Genom-Initiative.

Genetische Daten können nicht ohne das Wissen und die Zustimmung der Patientinnen und Patienten erhoben oder genutzt werden.

In Deutschland regelt das Gendiagnostikgesetz seit 2010 den Umgang mit genetischen Daten. Es soll einerseits die möglichen Gefahren und genetische Diskriminierungen verhindern. Andererseits soll es die Chancen der Gendiagnostik wahren, sowie eine ärztliche Beratung im Zusammenhang der Gendiagnostik sicherstellen. Seit 2018 findet in der EU außerdem die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Anwendung. Diese schreibt für besonders zu schützenden Daten wie Genomdaten strenge Regeln für die Speicherung, Weitergabe und Nutzung vor.

Datenschutz und Forschung, geht das zusammen?

Das Wissen aus Forschungsprojekten ist die Grundlage für eine konkrete Diagnose, für die Entwicklung von passgenauen Therapien und risikoangepassten Präventionsmaßnahmen. Sie ist von Bedeutung für aktuell und für potentiell zukünftige Erkrankte.

Um Forschung eine gute Basis zu geben, sind Daten notwendig, die Erkrankungsverläufe und Erkenntnisse langfristig dokumentieren und Forschenden zur Verfügung gestellt werden. Gerade wenn es um genetische Daten geht, die Auskunft über Erkrankungsrisiken für weitere Familienangehörige geben könnten, hat der Datenschutz hohe Priorität.

Die Bereitschaft, Daten der Forschung zu überlassen, ist folglich notwendig und gleichzeitig überlegt zu treffen. Es ist notwendig beides zusammenzuführen, um sowohl den Schutz der individuellen Person zu gewährleisten als auch Forschung zu ermöglichen. Über genomDE soll dieses vorangebracht werden, indem Einwilligungserklärungen verfasst, Daten anonymisiert gespeichert werden und klar definiert wird, wer Zugriff auf welche Informationen erhält.